„Wenn man Vorurteile abbauen will, ist man im Knast gut aufgehoben“ Gesprächsabend zur Gefängnisseelsorge

Zu einem eindrucksvollen Gesprächsabend zum Thema Gefängnisseelsorge hatten sich interessierte Gäste eingefunden, um drei Gefängnisseelsorgern aus Nordrhein-Westfalen zuzuhören.

In rund 90 Minuten gaben die Seelsorger bewegende Einblicke in ihre Arbeit innerhalb verschiedener Justizvollzugsanstalten (JVA) und ermöglichten dem Anwesenden einen seltenen Blick hinter Gefängnismauern.

Vielfältige Aufgaben – intensive Beziehungen

Die Seelsorger stellten zu Beginn des Abends sich selbst und ihre jeweiligen Einsatzorte vor. Ihre Aufgaben seien vielseitig, erklärten sie, und reichen von seelsorglichen Gesprächen mit Inhaftierten über die Begleitung von Mitarbeitenden bis hin zur Gestaltung von Gottesdiensten hinter Gittern. Was ihre Arbeit besonders prägt, ist die intensive Beziehungsarbeit: „Gespräche tun den Insassen gut. Sich Zeit zu nehmen ist wichtig – und das ist oft schon ein Zeichen von Wertschätzung“, betonten sie. Die Seelsorge leiste einen wichtigen Beitrag, um Häftlingen Würde und Hoffnung zu vermitteln – auch über kleine Gesten.

Ein Seelsorger fasste seine Erfahrung in einem eindrücklichen Satz zusammen: „Wenn man Vorurteile abbauen will, ist man im Knast gut aufgehoben.“ Der Satz ließ viele Zuhörer nachdenklich zurück – denn die Geschichten aus dem Gefängnisalltag zeigten, wie schnell man in ein System voller Pauschalurteile geraten kann, das oft wenig Raum für die menschliche Dimension lässt.

Von Herausforderungen und Hoffnungszeichen

Neben den bewegenden Alltagserfahrungen berichteten Wallfahrtsseelsorgerin Ursula Altehenger auch von der jährlichen JVA-Wallfahrt, die in diesem Jahr im Rahmen des Heiligen Jahres als „Hoffnungsort im Erzbistum Paderborn“ besonders gestaltet wird. Ein besonderer Blickfang dieser Wallfahrt wird die neu gestaltete Kerze, die seit einigen Wochen durch die verschiedenen JVAs „wandert“ und bei Gottesdiensten vor Ort sichtbar für Verbundenheit und geistliche Gemeinschaft steht.

Die Wallfahrt ist für viele Inhaftierte ein besonderer Tag. Die Gruppe wird morgens abgeholt, nimmt gemeinsam an spirituellen Impulsen teil und isst zusammen Mittag im Pilgersaal. Den Abschluss bildet eine feierliche Messe, bei der Kerzen für persönliche Anliegen entzündet werden – oft ein berührender Moment, der bei allen Beteiligten Spuren hinterlässt.

Zwischen Freude und Belastung

Der Gesprächsabend beleuchtete auch die emotionalen Seiten der Gefängnisseelsorge: „Was macht Freude? Was ist herausfordernd?“ Diese Fragen wurden offen und ehrlich diskutiert. Freude bereite es, Vertrauen aufzubauen, Menschen auf einem schwierigen Weg begleiten zu dürfen und kleine Fortschritte zu sehen. Herausfordernd sei dagegen der oft belastende Alltag – nicht nur durch das schwere Schicksal vieler Inhaftierter, sondern auch durch die strukturellen Rahmenbedingungen im Strafvollzug.

Nicht zuletzt wurde deutlich: Gefängnisseelsorge richtet sich nicht nur an die Inhaftierten, sondern auch an die Mitarbeitenden in der JVA – ein oft übersehener Aspekt, der am Gesprächsabend ebenfalls zur Sprache kam.

Fazit

Der Abend bot tiefgehende Einsichten in ein Arbeitsfeld, das im Verborgenen wirkt, aber von zentraler Bedeutung ist – für Menschlichkeit, Hoffnung und gelebte Solidarität. Wer gekommen war, ging mit einem neuen Blick auf ein Thema, das in der öffentlichen Wahrnehmung oft zu kurz kommt – und mit dem Eindruck, dass Gefängnisseelsorge ein leises, aber starkes Zeichen dafür ist, dass kein Mensch aufgegeben werden darf.